Ein Loch gegen den Regen Fragen an Roman Sonderegger von Isabel Zürcher
Gibt es Dinge, die du nur oder vor allem aus deiner Arbeit lernst? Zensurfreies Spielen und Experimentieren. Versuchen, im Kopf möglichst offen zu bleiben. Erkennen, dass aus jeder Arbeit wieder eine nächste folgt und es daher nie zu Ende ist. Dieses Ungewisse aushalten können und dabei ein Vertrauen entwickeln, dass alles gut kommt.
Kennst du Glücksmomente beim Arbeiten? Und wenn ja: worin besteht das Glück? Wenn ich beim Betrachten einer vollendeten Arbeit laut lachen muss, kommt die Arbeit meist nicht so schlecht und das Gefühl dabei einem Glücksmoment ziemlich nahe. Das sind natürlich wunderbare Momente während eines Arbeitsprozesses. Meist ist aber eine gewisse Verzweiflung oder Unsicherheit im Vorfeld produktiver. Wenn etwas nicht gelingt, wie ich es mir vorstelle, lässt mir dies keine Ruhe. Inmitten dieser Gewitterwolken ist es nicht schön und kaum auszuhalten, aber es sind die Momente, in denen sich die Arbeit weiterentwickelt. Dies wird jedoch oft erst im Nachhinein klar. Aber dieses Wissen darum macht diese düsteren Phasen aushaltbar und wertvoll.
Was oder wen braucht deine Kunst am meisten? Die körperliche Präsenz von Menschen, welche den Werken physisch begegnen und gegenübertreten.
Hat dein Schaffen mit Politik zu tun? Mit Poesie? Mit beidem? Wohl eher mit Poesie, die Politik ist jedenfalls nicht der Antrieb in meiner Arbeit. Ich versuche aber in meiner Auseinandersetzung in der Kunst mir meine Umgebung genau anzuschauen und dabei im Geist wach zu bleiben. Für eine kritische Sicht auf die Umwelt schadet dies sicher nicht. Vielleicht geschieht dies ja auch bei anderen Leuten und vielleicht lässt sich ein solch wacher Geist ja nicht alles gefallen.
Was sind für dich Kriterien des Erfolgs? Ein Werk ist für mich kein Endpunkt, eher eine Möglichkeit, etwas zu denken und Fragen zu stellen. Dabei Erfahrungen zu sammeln und in Kommendes einfliessen zu lassen. Der produktivste Erfolg ist für mich daher, wenn eine Arbeit zu einem Abschluss kommt und doch daraus etwas Weiteres hervorgeht. Wenn ein Werk neue Möglichkeiten öffnet.
Was kann Kunstkritik (im besten Fall)? Einen neuen Blick auf ein Werk werfen, einen Zugang und andere Bezüge schaffen, eine Sichtweise neben jener des bzw. der Kunstschaffenden ermöglichen.
Wenn dich Kunst (von anderen Künstler/innen) aufweckt, verstört, erschüttert, begeistert: Was kann ein Auslöser sein? Obwohl ich mir oft andere Künstler/innen anschaue und beobachte, wie sie agieren, ist mir die Architektur mittlerweile ein stärkerer Bezugspunkt geworden. Wie wird da mit Materialien und deren Masse, dem Raum – besser vielleicht: dem Zwischenraum – umgegangen, oder eben gerade nicht? Und wie entstehen dabei die verschiedenen Atmosphären? Daneben beschäftige ich mich gerne mit Themen unseres Universums. Weil in dessen riesigen Dimensionen unsere Vorstellung und Erfahrung von Raum und Zeit mächtig durcheinanderkommt und es beim darüber nachdenken wunderbare Knöpfe gibt im Gehirn. Und um wieder auf den Boden zu kommen, erfreue ich mich im Alltag an unerwarteten Situationen. Skulpturale Momente, welche vielleicht zufällig, vielleicht bewusst aus Pragmatismus entstanden sind und gerade deswegen eine besondere Qualität aufweisen.